Demut – die vergessene Tugend (Teil 1)

von Andi
"Demut - die vergessene Tugend" von Wayne A. Mack

Bevor ich meine Entdeckungen beim Lesen des Buches „Demut – die vergessene Tugend“ von Wayne A. Mack teile, stelle ich eine Definition von „Demut“ voran, um Missverständnisse zu vermeiden. In dieser Definition wird auch klar, dass wir als Gegenteil von Demut eher das Wort „Hochmut“ benutzen sollten und nicht „Stolz“, da im Deutschen „Stolz“ nicht nur negativ besetzt ist (ein Angler ist stolz auf seinen Fang). Deshalb werde ich in meinem Artikel „Stolz“ manchmal durch „Hochmut“ ersetzen. Hier also die Definition:

Das deutsche Wort »Demut« ist ein aus »dio«, Knecht, Diener, und »muot«, Gesinnung, zusammengesetzter Begriff und bezeichnet die Gesinnung eines Dienenden oder den Mut zum Dienen. Demut meint keine passive Unterwürfigkeit, sondern eine aktive, mutige Handlung. Der Hochmütige hält mehr von sich, als er in Wirklichkeit ist. Demut bedeutet nicht, sich kleiner zu machen, als man ist, sondern das konsequente Bekenntnis zur eigenen Niedrigkeit, also zu der Stellung, die man vor Gott hat (für Jesus: zum angenommenen Menschsein). Die Demut ist eine Art Aufrichtigkeit, ein Stehen in der Wahrheit. Dem, der seine Niedrigkeit nicht einsieht und anerkennt, kann Gott nicht sein Alles werden: »Den Demütigen gibt er Gnade« (1Petr 5,5; Jak 4,6; vgl. Hiob 22,29; Jes 57,15).

Lexikon zur Bibel (SCM R. Brockhaus, 2021)

Demut interessiert mich deshalb, weil es so unpopulär ist und ich gerne auf positive Art demütig sein möchte, so wie C.S. Lewis es beschreibt:

„Der wahrhaft demütige Mensch erweckt keineswegs den Eindruck von Demut, den wir mit dem Wort heute verbinden. Er ist kein schmieriger, kriecherischer Typ, der uns ständig erzählt, dass er – natürlich – völlig unbedeutend sei. Im Gegenteil. Er wird auf uns eher den Eindruck eines aufgeschlossenen und heiteren Menschen machen, der sich wirklich für das interessiert, was andere ihm erzählen.“

C. S. Lewis

Es ist oft so, dass man Hochmut („Stolz“) bei anderen als negativ empfindet, bei sich selbst aber nicht erkennt. In diese Falle möchte ich nicht tappen. Hier also einige Gedanken von Wayne A. Mack:

3 Aspekte von Demut

Der Autor selbst nennt 3 Aspekte, die er in dem Buch behandeln will (Seite 20):

  1. Definition von Demut
  2. Wie Demut sichtbar wird
  3. Wie man Demut entwickeln kann

Meine Fragen vor der Lektüre

  • Was ist wirkliche Demut?
  • Welche Konsequenzen hat der Hochmut?
  • Wem gegenüber soll ich „demütig“ sein?
  • Wie entwickle ich eine gesunde Demut, ohne dadurch lebensunfähig zu werden? Geht das überhaupt?
  • Wie vermeide ich falsche Demut? Was ist das überhaupt?
  • Was hat Demut bzw. Hochmut mit meiner Beziehung zu Gott zu tun, und wie verändert sich diese, wenn ich an dem Thema arbeite?

Einleitende Gedanken: Hochmut und Demut

Wayne Mack zitiert zwei hochkarätige Schriftsteller, um die Bedeutsamkeit dieses Themas zu untermauern: Spurgeon und C. S. Lewis. Spurgeon sagte:

„Dieser Dämon ‚Stolz‘ wurde mit uns geboren und wird nicht eine Stunde vor uns sterben. Er ist so stark mit dem Geflecht unseres Charakters verwoben, dass er sich erst dann von uns trennt, wenn wir in unser Leichentuch gehüllt werden.“

Spurgeon, zitiert in „Demut – die vergessene Tugend“ von Wayne A. Mack, Seite 11, ohne Quellenangabe

Zum Hochmut: „Es gibt keine andere Schwäche, die einen noch unbeliebter machen kann, keine Schwäche, die uns noch stärker auffällt. Und je stärker wir selbst davon betroffen sind, desto mehr missfällt sie uns bei anderen.“

C. S. Lewis, zitiert auf Seite 54

Wichtig finde ich auch folgendes Bibelzitat, das als Motto für das Buch dienen kann:

„Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.“

Die Bibel in Jakobus 4, 6 und 1. Petrus 5, 5 (Jakobus und Petrus zitieren hier Sprüche 3, 34)

Jesus war demütig, deshalb sollen wir es auch sein. Aber: Jesus war keine schwache Persönlichkeit. Das eine hat mit dem anderen also nichts zu tun!

Statement des Autors

Der Autor ist mir sympatisch. Er schreibt:

Du wirst bei Lesen bestimmt einige Fehler finden, denn ich hatte keine Eingebung wie die biblischen Autoren. Vielleicht ist dir auch der Stil nicht brillant genug. Bitte gib mir die Schuld an allem, was an diesem Buch negativ ist, und die positiven Sachen schreibe diesen lieben Menschen zu, die mir geholfen haben.“

Wayne A. Mack, Seite 12

Das könnte auch ein Motto meiner Website sein.

Kapitel 1: Die Bedeutsamkeit der Demut

Wayne Mack zitiert John Bunyan, der in seiner „Pilgerreise“ das „Tal der Demut“ erwähnte, in dem sich Christen von Zeit zu Zeit wiederfinden. Er definiert dieses Tal wie folgt:

„Das Tal der Demut steht für die erniedrigenden Erfahrungen, die Gott in unserem Leben zulässt, um die Sünde des Stolzes auszulöschen und uns zu helfen, göttliche Demut zu entwickeln.“

Wayne A. Mack, S. 15

Das kann ein Trost sein, wenn ich mich mal wieder in so einem Tal befinde. Im Buch werden Beispiele aufgezählt von biblischen Vorbildern für Demut, die sich in einem solchen Tal befanden:

  • Abraham
  • Joseph
  • Mose
  • David
  • Jeremia
  • Hosea u.a.

Die Bedeutsamkeit der Demut im Leben eines Christen wurde schon von Augustinus betont, der diese als wichtigste Eigenschaft im Leben eines Christen bezeichnete. Woher wissen wir, dass Demut wichtig ist?

  1. Weil die Bibel uns häufig dazu auffordert.
  2. Weil die Bibel uns ermahnt, uns vom Hochmut zu befreien und uns vor dessen ernsten Folgen warnt.
  3. Weil Gott verspricht, diejenigen zu segnen, die demütig sind.

Gottes Absichten mit uns im Tal der Demut

Warum führt Gott uns ins Tal der Demut?

  1. Weil Gott Hochmut hasst und Demut sehr hoch schätzt.
  2. Weil wir für den Hochmut so anfällig und gegen die Demut so abgehärtet sind.
  3. Weil Gott unseren Glauben prüfen und festigen will.
  4. Weil wir dadurch lernen, uns stärker auf Gottes völlig ausreichende Gnade zu verlassen.

Die Definition in diesem Buch

Wayne Mack definiert als Kontrast zunächst das Gegenteil: den Hochmut („Stolz“):

„Stolz zeigt sich darin, dass wir die Ehre, Vorrechte, Privilegien, Rechte und Macht uns selbst zuschreiben und für uns selbst beanspruchen, die Gott allein zustehen. Folglich ist er die Wurzel und der Kern der Sünde und ist im Grunde nichts Anderes als Götzendienst der eigenen Person. Ein stolzer Mensch hat sich selbst auf Gottes Platz gesetzt.“

Wayne A. Mack, Seite 21

Daraus abgeleitet folgt die Definition von Demut:

„Demut ist demnach eine Grundhaltung, bei der wir unsere persönliche Bedeutungslosigkeit und Unwürdigkeit vor Gott erkennen und Ihm höchste Ehre, Lob, Vorrechte, Rechte, Privilegien, Anbetung, Hingabe, Macht, Unterordnung und Gehorsam zuerkennen, die Er allein verdient.“

Wayne A. Mack, Seite 21

Das ist radikal, muss ich hier denken… deshalb habe ich „vor Gott“ fett markiert, denn vor Menschen möchte ich nicht als bedeutungslos gelten, und ich denke, das ist auch nicht so gemeint. Er erläutert diesen Gedanken weiter:

Vier Erläuterungen

  • „Ein wirklich demütiger Mensch ist sich stets bewusst, wie bedeutungslos er von Natur aus im Vergleich zu Gott ist. Gott ist der Schöpfer und wir sind seine Geschöpfe.“
    Kommentar: Das erfordert die Erkenntnis, wie groß und mächtig Gott ist…
  • „Ein wirklich demütiger Mensch hat ein beständiges Gefühl der moralischen Bedeutungslosigkeit und Sündhaftigkeit im Vergleich zu Gott.“
    Kommentar: das erfordert die Erkenntnis über den Charakter, die Liebe und Gerechtigkeit Gottes. Einem guten Gott ordne ich mich gerne unter.
  • „Ein Mensch, der wirklich demütig ist, hat eine theozentrische Denkweise.“
    Nicht sich selbst verehren, sondern Gott. Gott ist der Mittelpunkt.
  • „Eine Person, die wirklich demütig ist, gesteht Gott Ehre, Lob, Rechte und Privilegien zu.“
    Ich erkenne, dass Gott der Ursprung, die Grundlage und das Ziel aller Dinge ist. Ich darf alles im Leben zur Ehre Gottes tun!

Der Autor zeichnet ein klares Bild. Niemand von uns kann aus eigener Kraft demütig werden. Die folgenden Fragen des Autors unterstreichen aber, dass es sich lohnt, weiter zu lesen, hier sind 3 davon:

Fragen zur Anwendung

  • „Wie häufig denkst du an dich selbst und daran, dass andere dir dienen, dich respektieren und dir gefallen sollten?“
    Kommentar: Stimmt, das tun wir oft, und daraus resultiert viel Frust.
  • „Wie oft kritisierst, verurteilst oder bestrafst du andere – wenn sie dich nicht respektieren oder dich nicht zufriedenstellen – dafür, dass sie dich nicht so behandeln, wie du es „verdienst“?“
    Kommentar: Das will ich nicht tun, und das lieben wir auch nicht an anderen.
  • „Wie oft denkst du darüber nach, wie du anderen dienen, sie zufriedenstellen oder ermutigen kannst?“ Kommentar: Das möchte ich öfters tun, weil es Freude macht!

Kapitel 2: Demut Gott gegenüber

Gegenüber Gott, dem Schöpfer des Universums, ist Demut nun wirklich angebracht! Wie äußert sich wahre Demut gegenüber Gott? Wayne Mack nennt 10 Punkte, und ich denke, dass niemand von uns diese vollumfänglich erfüllt. Wichtig ist es zu überprüfen, ob diese Aspekte „weitgehend, teilweise oder überhaupt nicht auf uns zutreffen“. Hier sind die 10 Punkte, wie sich wahre Demut gegenüber Gott äußert:

  • Dadurch, dass wir offen und ehrlich zugeben, dass wir vor Gott unbedeutend und sündig sind (siehe Psalm 8, 5 und 1. Timotheus 1, 15).
  • Dadurch, dass man sie niemals auf sich selbst verlässt, sondern sich in allen Dingen vollständig von Gott abhängig macht (siehe Sprüche 28, 26 und Jeremia 9, 22).
  • Dadurch, dass wir auf jede Anerkennung für unsere guten Taten verzichten und Gott die ganze Ehre geben (siehe Psalm 115, 1 und 1. Korinther 15, 10).
  • Dadurch, dass man das Wort Gottes respektiert, es annimmt und darauf eingeht (siehe Jesaja 66, 2).
  • Dadurch, dass man sich dem Willen Gottes vollständig unterordnet, selbst wenn sich Sein Wille schwierig gestaltet (siehe Psalm 119, 28).
  • Dass man sich der Vorsehung Gottes unterwirft ohne sich zu beschweren (d.h. nicht ständig jammert und klagt). Siehe Philipper 4, 11.
  • Dass man Freude daran hat, Gott zu loben (s. Psalm 42, 2-3)
  • Dass man fortlaufend im Gebet Gottes Gegenwart sucht (s. 2. Chronik 7, 14).
  • Dass man es als Privileg betrachtet, Christus in einer beliebigen Funktion zu dienen.
  • Dadurch, dass man bereit ist, Gottes unendliche Weisheit und Erkenntnis anzuerkennen.

Kapitel 3-4: Demut anderen Menschen gegenüber

Wie sieht ein demütiger Mensch aus?

  • Eine wahrhaft demütige Person ist nicht selbstsüchtig und ehrsüchtig gegenüber anderen Menschen (s. Jakobus 3, 14-16).
    Ein Beispiel: Johannes der Täufer auf die Frage, wer er sei. Anstatt den Menschen von sich zu erzählen, erklärt er ihnen, wer er nicht ist: „Ich bin nicht der Christus.“ (Johannes 1, 20) Er richtete ihre Aufmerksamkeit weg von sich und auf Jesus hin.
  • Wahre Demut anderen Menschen gegenüber zeigt sich darin, dass man nicht großtuerisch auftritt (kein Angeber ist). S. 1. Korinther 13, 4.
  • Ein wirklich demütiger Mensch verhält sich anderen gegenüber nicht arrogant und anmaßend,
  • benimmt sich nicht herablassend, streitsüchtig oder gewalttätig,
  • ist anderen gegenüber nicht eigensinnig und stur,
  • versucht nicht, sich mit anderen, die über ihm stehen, auf eine Stufe zu stellen,
  • ist bereit, biblische Anweisungen, Zurechtweisungen, Tadel und konstruktive Kritik entgegenzunehmen und daraus zu lernen.

Das ist wirklich eine Herausforderung und Lebensaufgabe. Wie wir das schaffen können, behandelt mein zweiter Artikel, den du hier lesen kannst: Demut – die vergessene Tugend (2)

Bildquellen

  • Wayne Mack-1: Buchtitel Verlag CMV, Design mit Canva erstellt

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1 Kommentar

Samuel Sindhu 20. Februar 2021 - 15:31

Sehr inspirierend und herausfordernd!

Vielen Dank dafür, Andi!

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