Hier geht es um die Frage, ob wir die richtigen 66 Bücher in der Bibel haben, oder ob uns etwas unterschlagen wurde. Dazu, zum sog. „Kanon der Bibel“ gibt es eine Fülle von Informationen im Web, gute und weniger gute. Hier findest du das Wichtigste dazu: Wann wurde der Kanon der Bibel festgelegt? Wer hat ihn festgelegt? Wurden Bücher unterschlagen?
Du glaubst nicht, dass die Bibel Tatsachen berichtet und verlässlich überliefert ist? Dann beginne mit meinen zwei Artikeln zu diesen Fragestellungen: Die Bibel – ist sie glaubwürdig? und Die Bibel – Ist sie richtig überliefert?
Wer hat bestimmt, welche Bücher in das Alte Testament kommen?
Das Alte Testament der Christen beinhaltet 39 Bücher, wobei die Katholische Bibel 7 Bücher zusätzlich hat, die sogenannten Apokryphen. Die jüdische Bibel, der TaNaCh, beinhaltet zwar die gleichen Bücher, sie werden aber unterschiedlich gezählt, weshalb man hier nur auf 24 Bücher kommt. Die Zusammenstellung dieser Bücher erfolgte durch die jüdischen Schriftgelehrten. Wann diese final festgelegt war, darüber ist man sich nicht einig. Man geht aber davon aus, dass die Reihenfolge der Bücher im zweiten Jahrhundert nach Christus festgelegt war. Schon vorher war klar, welche Bücher dazu gehören sollten:
„Vieles deutet darauf hin, dass erste Schritte zu dieser festen Textgestalt von Esra, dem Schreiber, unternommen wurden.“
https://juedisches-leben.erfurt.de/jl/de/mittelalter/handschriften/wissenswertes/118691.html
Esra = d.h. zur Mitte des 5. Jh. vor Christus war schon festgelegt, welche Bücher zum TaNaCh gehören sollten.
Wir verlassen uns also hier auf die jüdische Festlegung, was auch gut so ist. Paulus bestätigt die Autorität der jüdischen Gelehrten, wenn er schreibt:
„Nun, die Juden haben den anderen Menschen in jeder Hinsicht viel voraus. Vor allem ist es das eine, dass Gott ihnen seine Worte anvertraut hat.“
Römer 3, 2 (NGÜ)
Wer hat bestimmt, welche Bücher in das Neue Testament kommen?
Schon im 1. Jahrhundert waren Teile des NT anerkannt
Wir haben Belege dafür, dass bereits im 1. Jahrhundert nach Christus große Teile des Neuen Testaments, wie wir es heute kennen, im Umlauf waren. Clemens von Rom schrieb um das Jahr 95 n. Chr. einen Brief, in dem er schrieb: „und an anderer Stelle heißt es in der Heiligen Schrift: ‚Ich bin nicht gekommen, die Gerechten zu rufen, sondern die Sünder.‘ Dabei zitiert er aus Matthäus 9, 13. Polykarp, der im Jahr 70 n. Chr. Christ wurde, zitiert aus Epheser 4, 26 und schreibt dazu: „wie es in diesen Heiligen Schriften steht.“ Polykarp schrieb außerdem einen Brief an die Philipper, in dem er aus 16 neutestamentlichen Büchern zitiert. (Nach Brian H. Edwards: „Die Wahrheit der Bibel“, S. 207-208)
Wie kam es zu der Festlegung, welche Bücher ins NT sollen?
Zu den 27 Büchern des Neuen Testaments kann man lesen:
„Die 27 in griechischer Sprache verfassten Schriften des NT wurden spätestens mit dem 39. Osterfestbrief des Athanasius (367) von fast allen damaligen Christen als gültiger Teil des Bibelkanons anerkannt. Sie gehören in fast allen christlichen Konfessionen bis heute unumstritten dazu; nur ihre Reihenfolge variiert etwas.“
Quelle: Wikipedia
Wichtig: Nicht die frühe Katholische Kirche hat den Kanon festgelegt. Die Bücher waren bereits viel früher anerkannt, schon von den frühen Kirchenvätern. Das Konzil, das die finale Festlegung machte, hat nur bestätigt, was bereits vorher anerkannt war.
Hier sind ein paar Details:
- 115 n. Chr.: Ignatius, Bischof von Antiochien, erwähnt die Evangelien, d.h. die Bücher Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.
- 115 n. Chr.: Ignatius und Polykarp erwähnen die 13 Paulus-Briefe (inkl. des Hebräerbriefs, dessen Autorschaft damals noch klar dem Paulus zugeschrieben wurde).
- 140 n. Chr.: Marion, ein gnostischer Irrlehrer, legt einen umstrittenen Kanon fest. Das forderte die Gemeinden heraus, ihrerseits Klarheit zu schaffen. Zu dieser Zeit waren schon fest anerkannt: Die vier Evangelien, die Apostelgeschichte, die 13 Paulusbriefe, 1. Petrus und 1. Johannes.
- 265-340 n. Chr. lebte der Kirchenhistoriker Eusebius. Er erwähnte, dass „bereits der gesamte Kanon, den wir heute haben, von der Mehrheit der Gemeinden anerkannt war.“ Nur einige wenige Versammlungen würden noch die Echtheit von folgenden Büchern anzweifeln: der 2. Petrusbrief, der 2. und 3. Johannesbrief, der Jakobusbrief und der Judasbrief. (Vgl. Mario Wahnschaffe: „Schwierige Fragen an die Bibel“.)
Du siehst, dass bereits vor dem Jahr 367 die biblischen Schriften weitgehend anerkannt waren.
Warum fehlen die alttestamentlichen Apokryphen in den meisten Bibeln?
Es gibt gute Gründe, die Apokryphen nicht als göttlich inspiriert zu bezeichnen:
- sie beinhalten historische Fehlangaben
- sie beinhalten legendäre Ausschmückungen
- sie beinhalten schwerwiegende dogmatische Irrtümer im Vergleich zu den autorisierten Büchern
- sie beinhalten Aberglaube (z.B. im Buch Tobias)
- sie werden im Neuen Testament nirgends zitiert
- sie wurden erst beim Konzil zu Trient 1546 für kanonisch erklärt, d.h. als göttlich inspiriert
Besonders interessant finde ich den letzten Punkt. Was hat die Römisch-Katholische Kirche dazu bewogen, diese Bücher zusätzlich in die christliche Bibel aufzunehmen? Es war die Zeit der Gegenreformation, und es scheint eine Reaktion auf die Reformation gewesen zu sein.
Mehr dazu hier: Gehören die Apokryphen in die Bibel?
Ich bin überzeugt: Wir lesen in der Bibel die richtigen Bücher. Du kannst dir die Apokryphen anschauen, die normalerweise nicht in der Bibel enthalten sind, und du wirst schnell feststellen, wie groß der Unterschied ist. Spar dir die Zeit und lies das Original.
Warum fehlen die neutestamentlichen Apokryphen in den Bibeln?
Auch diese Bücher sind eher in die Kategorie von Legenden einzuordnen. Es ist nicht klar, wer die Autoren waren und man kann nachweisen, dass diese Schriften lange nach den Geschehnissen aufgeschrieben wurden, von denen das Neue Testament berichtet.
Ein Beispiel: Das sogenannte „Kindheitsevangelium des Thomas“: Es wurde Ende des 2. Jh. nach Christus verfasst. Der Verfasser wollte den Eindruck vermitteln, der Autor wäre der Apostel Thomas. Die geschilderten Episoden sind sehr fantasievoll und erdichtet. Schon die ersten Christen haben das Buch als Fälschung erkannt. Es stimmt nicht mit den Lehren und dem Wesen Jesu überein (zum Beispiel verflucht Jesus einen Spielkameraden, der vertrocknet und stirbt). Jesus verfluchte keine Menschen, er segnete sie.
Interessanterweise hat Mohammed im Koran eine Geschichte aus diesem Kindheitsevangelium in Sure 3, 49 zitiert. Kein Wunder, dass der Koran an anderer Stelle behauptet, die Evangelien seien verfälscht. Das ist in Bezug auf das Kindheitsevangelium wahr, trifft aber auf die anderen Schriften der Bibel nicht zu.
Hat die Römisch-Katholische Kirche die Bücher bestimmt, die in die Bibel sollen, um eigene Lehren zu rechtfertigen?
Eigentlich ist es genau umgekehrt: Die Römisch-Katholische Kirche hat 1546 beim Trienter Konzil alttestamentliche Apokryphen in die Bibel aufgenommen, um eigene Lehren zu rechtfertigen.
Haben Eigeninteressen eine Rolle gespielt bei der Aufnahme der biblischen Bücher in den Kanon? Ich glaube nicht. Viele Aussagen der Bibel widersprechen den Praktiken der Katholischen Kirche. Wenn Eigeninteressen eine Rolle gespielt hätten, wären bestimmte Inhalte der Bibel unterdrückt worden. Das ist aber nicht der Fall.
Dan Brown’s Buch „Sakrileg“ hat hier einige Gerüchte in die Welt gestreut, die aber reine Phantasie sind. Dazu hier ausführliche Infos: Alexander Schick zu Dan Brown’s Sakrileg.
Fazit: Genug Wahrheit zu lesen
Ich möchte euch damit motivieren, die autorisierten Bücher der Bibel zu lesen. Es lohnt sich nicht, Phantasieberichte oder Fälschungen wie die neutestamentlichen Apokryphen zu erforschen, wenn die authentischen Quellen zur Verfügung stehen.
Zum Weiterlesen:
Brian H. Edwards: „Die Wahrheit der Bibel. Autorität, Inspiration und Geschichte“ (2013, 3L Verlag)
Bildquellen
- Buecher-der-Bibel: http://christlicheperlen.de