Händels Messias – In Freude baden

Die Entstehungsgeschichte eines Ausnahmewerks - Weihnachten 2023

von Andi
Händels Messias, Sternstunden der Menschheit

Letzte Woche habe ich mir während einer längeren Autofahrt statt Rock mal wieder Barock angehört: Händels Messias komplett. Es war ein Genuss. Das ist wirklich göttliche Freude. Dabei wurde ich an Stefan Zweig’s “Sternstunden der Menschheit” erinnert. Er schreibt über 14 besondere Momente in der Menschheitsgeschichte, u.a. von der Entstehung des Messias-Oratoriums von Georg Friedrich Händel. Für Wenigleser hier also ein Einblick in die Entstehungsgeschichte dieses musikalischen Ausnahmewerks. Aber erst hören wir mal rein:

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Der Text dieses Liedes ist eine Prophetie von Jesaja:

“For unto us a Child is born, unto us a Son is given, and the government shall be upon His shoulder; and his name shall be called Wonderful Counsellor, the Mighty God, the Everlasting Father, the Prince of Peace.”

Die Bibel, Jesaja 9, 5

13. April 1737: Händel ist finanziell und körperlich am Ende

13. April 1737: Georg Friedrich Händel, 52 Jahre alt, bricht mit einem Schlaganfall zusammen. Sein schnell herbei gerufener Arzt schiebt es auf die schon länger anhaltende Pechsträhne des Komponisten. Vier Opern hatte er schon geschrieben in diesem Jahr, aber alle waren Flops. Das stürzte ihn in eine Schuldenkrise, denn seine ganzen Ersparnisse waren weg, und die Gläubiger waren hinter ihm her. Er kommt mit dem Leben davon, ist aber halbseitig gelähmt, ohne Kraft, und vor allem: Sein Lebensmut hatte ihn verlassen. Stefan Zweig erzählt: “Er konnte nicht gehen, er konnte nicht schreiben, nicht mit seiner Rechten eine einzige Taste zum Klingen bringen. Er konnte nicht sprechen, schief hing ihm die Lippe von dem furchtbaren Riß, der durch seinen Leib gegangen, nur lallend und verdumpft quoll ihm das Wort aus dem Munde.”

1738-1740: Erholung und psychischer Zusammenbruch

Während einem Kuraufenthalt in Aachen erholt sich Händel, komponiert weitere Werke, aber “schon im Jahr 1740 fühlt sich Händel wieder als besiegter, geschlagener Mann.” Seine Arbeiten hatten keinen großen Erfolg, finanziell war er wieder in Not.

21. August 1741: Der Tag, der Händels Leben veränderte

Händel bekommt ein Paket von seinem Dichterfreund Jennens mit einer neuen Dichtung. Sie besteht aus drei Teilen, Teil 1 und 2 mit Zitaten aus dem Alten Testament, Teil 3 aus dem Neuen Testament. Stefan Zweig fasst dieses Geschehen in poetische Worte (ob es sich genau so abgespielt hat, wissen wir nicht):

Händel schob die Leuchte heran an die beschriebenen Blätter. “The Messiah!” stand auf der ersten Seite. Ach, wieder ein Oratorio! Die letzten hatten versagt. Aber unruhig, wie er war, schlug er das Titelblatt auf und begann. Beim ersten Wort fuhr er auf. “Comfort ye”, so begann der geschriebene Text. “Sei getrost!” – wie ein Zauber war es, dieses Wort – nein, nicht Wort: Antwort war es, göttlich gegeben, Engelsruf aus verhangenen Himmeln in sein verzagtes Herz. “Comfort ye” – wie dies klang, wie es aufrüttelte innen die verschüchterte Seele, schaffendes, erschaffendes Wort. Und schon, kaum gelesen, kaum durchfühlt, hörte Händel es als Musik, in Tönen schwebend, rufend, rauschend, singend. O Glück, die Pforten waren aufgetan, er fühlte, er hörte wieder die Musik!

Die Hände bebten ihm, wie er nun Blatt um Blatt wandte. Ja, er war aufgerufen, angerufen, jedes Wort griff in ihn ein mit unwiderstehlicher Macht. “Thus saith the Lord” – “So spricht der Herr!”, war dies nicht ihm gesagt, und ihm allein, war dies nicht dieselbe Hand, die ihn zu Boden geschlagen, die ihn nun selig aufhob von der Erde? “And he shall purify” – “Er wird dich reinigen” – ja, dies war ihm geschehen; weggefegt war mit einemmal die Düsternis aus dem Herzen, Helle war eingebrochen und die kristallische Reinheit des tönenden Lichtes.

Stefan Zweig: Sternstunden der Menschheit; Georg Friedrich Händels Auferstehung (1943, gemeinfrei)

Wir sind diese poetische Sprache heute nicht mehr gewohnt, deshalb fahre ich mit eigenen Worten weiter. Händel war ergriffen von den biblischen Zitaten der Dichtung, sie sprechen ihn persönlich an. Sofort machte er sich ans Werk . Er komponierte, sang, setzte sich ans Cembalo, schrieb weiter und war völlig vertieft in sein Werk. Am 14. September, nach nur 24 Tagen, ist das Mega-Werk vollendet.

13. April 1742: Uraufführung von Händels Messias

War das eine Zeit! Stefan Zweig schreibt:

“Die Damen waren ohne Reifröcke gekommen, die Kavaliere ohne Degen, damit mehr Zuhörer Raum finden konnten in dem Saale; siebenhundert Menschen, eine nie erreichte Zahl, drängten sich heran.”

Die Aufführung wird ein voller Erfolg:

König George II. stand während des Hallelujah-Chores ergriffen auf und setzte sich erst wieder, als der letzte Ton verklungen war. Ein Brauch, dem noch heute seine Untertanen folgen, ansonsten erheben sie sich nur, wenn die Nationalhymne erklingt.

Kölnische Rundschau 13.04.2009: Maßloses Genie

Händel spendete den Erlös der Versorgung von Schuldgefangenen und Armenkrankenhäusern, und auch bei allen weiteren Aufführungen des Messias verzichtete er auf das Geld zu Gunsten von notleidenden Menschen.

13. April 1759: Händel stirbt

Ja, was bleibt noch zu sagen? Dreimal der 13. April, das waren Schicksalstage für Händel. Erblindet und am Ende seiner Kraft “starb endlich dahin, was an Georg Friedrich Händel sterblich gewesen war.” (Wieder nach Stefan Zweig.)

Was bleibt? Händels Messias wurde in mehr als 20 Sprachen übersetzt, es ist eines der bekanntesten und meisgespielten Oratorien der Musikgeschichte.

Wenn Du willst, kannst Du zum Schluss noch mal reinhören, diesmal hören wir “And the Glory of the Lord”. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten, bleib dran an Jesus Christus, dem Retter der Welt:

Zum Weiterlesen und Hören

Stefan Zweig: “Georg Friedrich Händels Auferstehung” im Projekt Gutenberg

Kurzbiografie von Georg Friedrich Händel

Auf Youtube: Händels Messias mit Neville Marriner und Academy and Chorus of St. Martin-in-the-Fields

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Bildquellen

  • Haendels-messias: Andreas Winkler

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